Im Theater während den Proben. Foto Jean Louis Fernandez.

das floss der medusa – du sollst nicht töten

Mitten auf hoher See, in einem Rettungsboot, sitzen 13 Kinder. Definitiv eine Person zu viel! Wer wird das nächste Opfer sein? Die Geschichte ist dem christlichen Glauben auf der Spur. Im Theaterstück von Georg Kaiser(1878-1945) wird über menschliche Grausamkeit berichtet, die für Thomas Jolly(Regisseur) nicht vermeidbar ist. Alle wollen überleben. Es dauert eine Weile bis die Kinder wahrgenommen haben, in welcher Situation sie sich befinden. Langsam wird ihnen bewusst, dass sie nur eine kleine Überlebenschance haben. Die ausweglose Situation macht ihnen zu schaffen. In ihren Bemühungen Herr der Notlage zu werden, bemerken sie nicht, das die Angst sie in die Unmenschlichkeit treibt. Zuerst wenden sie schulische Überlebensmodelle an. Gemeinsames Rudern. Es kommt zu Erschöpfungserscheinungen. In der Gruppe gibt es Leistungsstarke und Leistungsschwache. Die Lebensmittelration ist begrenzt. Um die Überlebenschance zu erhöhen, entschließen sie, dass einer sich opfern muss. Es soll gelost werden. Doch durch einen Anfall von Gottesfurcht wird die Losung jäh unterbrochen. Du sollst nicht töten, heißt es im fünften Gebot Gottes. Es kommt zu Unmut. Die Notlage fordert Entscheidungen. Der Schwächste soll das Opfer sein. Die Überlebenssituation ist zweigeteilt. Die kollektive Überlebenschance wird überschattet durch die Schwäche. Die natürliche Aussortierung, der Stärkere besiegt den Schwächeren, kann nicht stattfinden. Hinderlich daran ist der Religionseifer. Die Lage entspannt sich. Auf dem Rettungsboot findet eine Nothochzeit statt. Alle unterschreiben als Trauzeuge. Sie schicken die göttliche Botschaft in einer Thermosflasche auf die Reise und schmeißen diese über Bord. Der Religionseifer erscheint als Herr der Notlage. Während der improvisierten Hochzeitsnacht auf dem Boot, eliminiert die Gruppe ihr schwächstes Element. Sie glaubt dadurch einen gerechten Ausgleich zu schaffen, hat aber die Religionsprobe nicht bestanden. Unterdessen wird die Thermosflasche gefunden. Die Kinder werden gerettet. Bis auf einen. Dieser wird zum Märtyrer. Er will keine Rückkehr in eine gottlose Welt. Er bleibt im Boot zurück und stirbt.

Le Radeau de la Méduse. Regie Thomas Jolly. Text Georg Kaiser. Gespielt im TNS 01-11 Juni 2017.

 

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