Aus der patriarchalen Shakespearwelt in den romantischen Topos der Neuzeit

Jean-Christophe Maillot bringt sein Ballett „Der Widerspenstigen Zähmung“ zurück nach Monaco

Millionäre, Adel und Dekadenz – so stellt man sich Monaco vor. Warum auch nicht? Der zweitkleinste Stadtstaat der Welt, nach dem Vatikan, ist einer der Lieblingswohnsitze der Megareichen und noch heute ein sommerliches Jetset-Urlaubsparadies. Auch die fürstliche Familie ist nicht gerade klein, so kann kaum einer alle Namen der Prinzessinnen und Prinzen nennen, wenn sie nicht gerade wegen der Heirat einer Nicht-Adeligen in der Boulevardpresse die Schlagzeilen dominieren. Doch fern ab des Adelsgeschlecht der Grimaldi herrscht in Monaco noch ein anderer princeps: Jean-Christophe Maillot. Zugegeben, auch jener ist dank der Adelsfamilie, genau genommen dank Prinzessin Caroline, an die Macht gekommen.

Maillot ist seit 1993 der unbestrittene Fürst des klassischen Tanzes im erbmonarchischen Staat an der Côte d‘Azur. Ohnehin hat er seit seiner Nominierung an der Spitze der Ballets de Monte-Carlo über 30 Ballette geschaffen, die das monegassische Ensemble auf die Weltbühne gebracht hat und die es in das Repertoire der international renommiertesten Ballettensembles geschafft haben. Unter seiner Führung haben sich die Ballets de Monte-Carlo zu einer Institution entwickelt, welche nicht nur Choreografien kreiert und vorführt, sondern auch eine neue Generation an Choreografen und Tänzern ausbildet.

Im Juli (26. bis 28. Juli) wurde in Monaco eines, der von Maillot, sprich vom rex saltatoris selbst, konzipierten Ballette, aufgeführt. Es handelte sich dabei um das dem gleichnamigen Shakespearewerk nachempfundene, „Der Widerspenstigen Zähmung“, welches Maillot 2014 für das Moskauer Bolschoi-Ballett schuf. Im gleichen Jahr hatte das Ballett bei dem prestigereichen Theaterfestival „Goldene Masken“ gleich drei erst Preise, unter anderem für beste Choreografie, eingefahren. Die in Russland vergebenen Preise entsprechen in etwa dem Oscar in Hollywood oder der Goldenen Palme in Cannes.

Maillots Ballettadaptation des Shakespeare Klassikers, welche nach der des südafrikanischen Choreografen John Cranko (1927-1973) erst die Zweite ist, hält den humorvollen und ironischen Unterton des englischen Schriftstellers zwar in Ehre, thematisiert aber ernst vor allem das Thema der Suche einer Person nach seiner anderen Hälfte. Fern scheint die bei Shakespeare für selbstverständlich genommene patriarchale Struktur des Paares. „Es ist ein sehr chauvinistisches Theaterstück, welches man heutzutage schwierig verteidigen kann. Es handelt sich ja um die Zähmung einer Frau durch einen Mann“, erklärt der Choreograf und fährt fort: „Wir haben uns also dafür entschieden nicht von einer gezähmten Frau zu sprechen, sondern von einer außergewöhnlichen Frau, die keine Konzessionen macht und ihr Leben in der Hand hat“. Maillot zeigt mit seiner Inszenierung, dass die Geschichte des am Anfang der 1590er Jahre geschriebenen Stückes auf bestimmte Art und Weise auch noch heute aktuell sein kann – fast topisch also. 2017 hat Maillot das Ballett noch ein wenig umgeschrieben und an das monegassische Ensemble angepasst.

Für die Hauptrolle, die der weiblichen Protagonistin Katharina, hat Maillot die Italienerin Alessandra Tognoloni auserkoren. „Es ist eine sehr wichtige Rolle. Ich liebe sie, da es eine Rolle ist, die viel Konzentration, viel Technik, viel Interpretation voraussetzt…Es ist eine sehr schwierige Rolle, aber es ist für mich ein Traum, der in Erfüllung geht“, erklärt die Tänzerin in einem Interview mit Monacoinfo.

Auch wenn das Ballett nur kurz in Monaco zu sehen war, versichert Jean-Christophe Maillot, dass das monegassische Ballettensemble im nächsten Jahr mit „Der Widerspenstigen Zähmung“ auf Tournee gehen wird.

OSCAR HEINKE

Mehr Information auf: www.balletsdemontecarlo.com

 

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