21-26 MAI 2015 STRASBOURG OPÉRA DU RHIN
Benjamin Millepied  WITHOUT
Glen Tetley GEMINI
Aszure Barton UNTOUCHED
BALLETTENSEMBLE OPÉRA DU RHIN
            Zwei Stunden lang.    Viel Anmut und Schönheit.

WITHOUT – CHOREOGRAPHIE&BÜHNEBILD&BELEUCHTUNG BENJAMIN MILLEPIED – MUSIK FRÉDÉRIC CHOPIN – KOSTÜM MARC HAPPEL – BALLETTMEISTER JANIE TAYLOR / AMANDA McKERROW / JOHN GARDNER.

Eine verspielte extravagante getanzte Erzählung über die Lebendigkeit von Gefühlen; die, wenn einmal gelebt, sich wie bunte Seifenblasen vor unseren Augen wieder wegbewegen, und nicht zurückkehren. WITHOUT steht für Gefühl. Die Wahl der Musik, die Partituren, « Nocturnes, Préludes und Études », spiegeln die Gemütswelt Frédéric Chopins, romantisch und sensibel, ist eine Herausforderung an die Körper und dessen Gabe tänzerischer Figurenvielfalt. Benjamin Millepied wendet große Sorgfalt und tänzerische Hochleistung, auf aller Art Disziplinen an: Musikalität, Körperausdruck, Farbwahrnehmung, Poesie und philosophischem Erkennen; die zusammen das Fluidum auf der Bühne ergeben. Deren Genuss nur durch Wahrnehmung erfolgt. Deshalb nur im Moment des Erkennens sichtbar wird, dann wieder verschwindet. Getanzt auf Spitzenschuhen, im Pas de deux, treten Paare, gekleidet in Rot, Blau, Grün, Violett und Orange auf, und tanzen Chopins Partituren Nocturnes, Préludes und Études. Das Auge ist entzückt von so viel eleganter Leichtigkeit, die sich auf Präzision und Leistung gründet ; diese nicht nur die Annäherung – u. der Hauch von Schönheit sind; sondern der Erfolg hartem Training, körperlicher Disziplin und großer Konzentration. Um so kostbarer ist dieser Augenblick der Schönheit.

GEMINI – CHOREOGRAPHIE GLEN TETLEY – DEKOR / KOSTÜM NADINE BAYLIS – MUSIK HANS WERNER HENZE – BALLETTMEISTERIN BRONWEN CURRY.

Auch dieses Ballettstück, das bereits in den siebziger Jahren Premiere in Australien hatte, erlaubt der strassburger Tanzgruppe ihr unvergleichliches Talent zu zeigen. Sehr anspruchsvoll in der Technik, fordert die Choreographie von den Tänzern enormes Können. Kreiert vom amerikanischen Choreographen Glen Tetley (verstorben 2007), dessen Werk achtundsechzig Ballettstücke zählt, beeinflußte dieser die Tanzszene durch die Verbindung von klassischen mit zeitgenössischen Elementen. Er gründete 1961 seine Tanzkompanie in New York, wurde Co-Direktor des Netherlands Dance Theater, und Nachfolger von John Cranko in Stuttgart. Heute ist es Bronwen Curry (Choreologin), die seine Werke inszeniert. Geboren in England 1943; lernt sie ab 1951 tanzen; geht 1962 zum Western Theater Ballett; bildet sich zur Choreologin aus; und übernimmt sehr rasch zahlreiche Choreographien u.a. von Noureev und Tetley. Heute ist sie Partnerin zahlreicher Kompanien, produziert Choreographien, wie GEMINI mit dem strassburger Ballettensemble. Hier sind alle Szenen auf Spitzenschuhen getanzt; deshalb das hohe Niveau und die Schwierigkeit. Genauso pathetisch ist die Musik zur Choreographie, die 3. Symphonie des deutschen Komponisten Hans Werner Henze (1926-2012). Eine Komposition aus dem Jahre 1950. Es geht um die Anpreisung des Gottes Apollon. Die Symphonie besteht aus drei Sätzen. Die sich in der Stimmungslage hochschaukeln, zu einer musikalischen Explosion. In diesem Rhythmus zeigt sich die Harmonie von Musikalität und Bewegung der TänzerInnen.  Viel Disziplin und Eigenwillen ergeben « den göttlichen Funken / die Apotheose ». Musik und Bewegung schmelzen zusammen. So ist denn die Poesie kein « Leichtes », sondern harte Arbeit; und sicherlich ist diese Leistung für die TänzerInnen eine persönliche Herausforderung und Überschreitung eigener körperlicher Grenzen. So B. Curry, « … es gibt immer ein GEMINI Vor u.-Danach ».

UNTOUCHED – CHOREOGRAPHIE ASZURE BARTON – MUSIK NJO KONG KIE / CURTIS MACDONALD / LJOVA – KOSTÜM FRITZ MASTEN – BELEUCHTUNG NICOLE PEARCE – ASSISTENT CHOREOGRAPHIE JONATHAN EMANUELL ALSBERRY.

Einen anderen Umgang mit den TänzerInnen pflegt die Choreographin Aszure Barton (geb. in Kanada, Edmonton). Mit drei Jahren erlernt sie Stepptanz; studiert dann Tanz an der nationalen Ballettschule in Toronto; danach geht sie als junge Choreographin nach New York und gründet erfolgreich 2002 die Tanzgruppe ASZURE & ARTISTS. Zahlreich werden ihre Choreographien-u. Auftritte; u.a. Aufträge für Mikhail Baryshnikov, Alvin Ailey American Dance Theater, Benjamin Millepied&Company; gezeigt auf dem Spoleto Festival U.S.A.; im Teatro Espanol in Madrid; im Studio 54; in Alberta wurde sie zur Botschafterin zeitgenössischer Choreographie ernannt und erhielt den kanadischen Preis ARTS & LETTRES. Für A. Barton ist die Bewegung der Auslöser. UNTOUCHED hat eine zuerst von ihr kreierte Bewegungsstruktur; erst im zweiten Schritt integriert Barton die Musik; hier Kammermusik u. aktuelle Rhythmen (Melancholie u. Euphorie), signiert Njo Kong Kie(Pianist), Curtis MacDonald(Saxophone) und Lev Zubin/Ljova(Geige). Dann überlässt sie die Struktur den TänzerInnen, diese mit « Leben » zu füllen und herauszuwachsen. Jede Bewegung und Körperausdruck ist ein Diskurs; so viele Diskurse wie TänzerInnen bilden die Choreographie; sprechen in Bildern. Die tanzenden Körper erzählen ihre Geschichten, jeder bringt sich mit Leib und Seele ein. « Jeder menschliche Funke », so Barton, « zählt. Das ist die Magie des Tanzes », sagt sie vielversprechend.

 

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