ÜBERLEBEN

Überlebt hat Erich von Stroheim bis ins hohe Alter. Er war aber nicht nur ein berühmter Schauspieler und Regisseur, sondern zuweilen auch ein äußerst « unbequemer Typ ». Genauso unbequem wie das Leben ist. Jeden Tag ein Überlebenskampf von neuem. Nur im Überwinden der eigenen Schwächen besteht eine Überlebenschance. So erzählt es das Theaterstück Erich von Stroheim, Text Christophe Pellet, Regie Stanislas Nordey, gespielt vom 31. Januar bis 15. Februar 2017 im Théâtre National Strasbourg(TNS). Leider eine viel zu kurze Spielzeit für die Wichtigkeit des Stückes. Jedoch dem Titel nach, entspricht die Handlung nicht einer Biographie Erich von Stroheim’. Als amerikanischer Staatsbürger, österreichischer Abstammung, mit eigentümlichen Lebensweg, wurde er 1885 in Wien geboren und verstarb 1957 in Paris. Sein Leben war ein Auf und Ab von Erfolg und Misserfolg; bedingt durch den unbeugsamen Charakter in seinen Rollen u. Situationen als Schauspieler und Regisseur. Hervorragend in der extremer Leistung als Bösewicht und markantem Draufgänger. Provokant beginnt das Theaterstück mit dem Satz: « Heute ist der Tag Erich von Stroheim« . Vielleicht in Anlehnung an den ähnlich sehr « melodisch » klingenden Europatag. Diese nicht unbescheidene Einführung in das Stück lässt die Schauspieler schnell zur Sache kommen und den Zuschauer erkennen, dass es im Stück um eine eitle Dreiecksbeziehung geht. Ein degressiver Pornostar Der Eine(L’Un), mit einer schönen Sie(Elle) und einem jungen Der Andere(L’Autre) vertreiben sich gerne die Zeit gemeinsam, wenn sie nicht gerade arbeiten müssen. Der Eine im Filmgeschäft, Sie in ihrem eigenen Betrieb, Der Andere als Arbeitsloser. Die Rollen sind gleichermaßen auftreibend, ähnlich denen Von Stroheim’ ; es geht bildhaft ums Überleben.

Den Namen von Stroheim nicht zu kennen mag Auswirkungen haben auf das analytische Verständnis des Stückes. Es kann jedoch alleine stehen, nicht in unmittelbarem zusammenhang mit der Person Erich von Stroheim. Die drei Hauptdarsteller erzählen intensiv ihre eigene Geschichte. Wobei das stärkste Gewicht der weiblichen Rolle zukommt. Sie koordiniert sich mit dem Pornostar und Arbeitslosen perfekt; in der Art ihrer Unternehmensführung; beide werden erfolgsorientiert benutzt. Es resultiert ein Scheingleichgewicht. Eine Stimmigkeit, die auf den Willen aufgebaut ist und der Willen auf Dominanz. Jeder dominiert jeden, auch durch Unterordnung. « Die Beziehung erlebt sich ausserhalb der Norm » sagt der Autor, die das Selbstwertgefühl jeden stärkt, aber nicht seine Dauer in Zukunft. Sie ist zum Scheitern verurteilt, da nur die Norm Bestand hat. Dominanz und Unterordnung ausserhalb der Norm sind solitäre Machtbekenntnisse, die normalerweise innerhalb der Norm geteilt werden. Das Stück Erich von Stroheim greift Machtbekenntnisse auf, in seinen Ausführungen überhabener menschlicher Eitelkeiten in psychischer und physischer Hinsicht. Es spart weder übertriebene Arroganz noch körperliche Bessenheit aus. Der Titel Erich von Stroheim eignet sich besonders als Erläuterung eines derart erfolgreichen Falles. Mit gleichem « Erfolgszwang » spielen, die aus dem französischen Film bekannte Emmanuelle Béart die sehr weibliche dominant-tolerante Sie; Laurent Sauvage u. Victor de Oliveira, Der Eine, die lähmenden zur Schaustellungen des nicht älter werden wollenden Pornostars, und Thomas Gonzalez, Der Andre, den göttlichen Eros dazwischen, der beide mit Flügel bestückt, bis zu ihrer Entscheidungsfindung: dass nur die Norm überlebt.

Erich von Stroheim, 31 Januar bis 15 Februar 2017, in Théâtre National Strasbourg(TNS). Text Christophe Pellet, Regie Stanislas Nordey.

 

Print Friendly, PDF & Email