D’Ora. Gabrielle Chanel in 1923 © RMN-Grand Palais (Musée national Picasso-Paris) / image RMN-GP.

(Von Oscar Heinke) Seit 2018 standen die massiven Torgitter des Palais Galliera, musée de la mode de la ville de Paris – das Modemuseum der französischen Hauptstadt – den modefreudigen Parisern geschlossen. Wegen Sanierungsarbeiten fanden die üblicherweise 2-Mal im Jahr stattfindenden Ausstellung nicht statt. Nun aber feiert das Palais Galliera mit einer ambitionierten Ausstellung sein großes Comeback. Während der Arbeiten wurden die knapp 700 m2 großen Kellergewölbe des Palasts grundsaniert.  Diese neuen Ausstellungsräume tragen nun den Namen der ikonischen Begründerin des französischen Modehauses Chanel:  Gabrielle Chanel, auch bekannt unter dem Namen Coco Chanel. Passend auch, dass die Wiedereröffnungsausstellung eben dieser Visionärin der Haute-Couture gewidmet ist.  Die Ausstellung „Gabrielle Chanel: Manifeste de Mode“ ist die erste Retrospektive in Paris, die der Modedesignerin und nicht ihrer Marke gewidmet wird.

Die etwa 1500 m2 Ausstellung erzählt mit über 350 Kreationen – Abendkleider, Handtaschen, Schmuckstücke, Mäntel und vieles mehr – die Geschichte einer Frau die, die Welt der Mode für immer prägen würde.

André Kertész. Coco Chanel in 1930s. © Ministère de la Culture – Médiathèque de l’Architecture et du Patrimoine, Dist. RMN-Grand Palais / André Kertész.

François Kollar. Coco Chanel in her apartment at the Ritz for Harper’s Bazaar, Paris. © Ministère de la Culture – Médiathèque de l’Architecture et du Patrimoine, Dist. RMN-Grand Palais / François Kollar.

Aus der Dunkelheit der Ausstellungsräume stechen nur die, von unten beleuchteten, Kleidungsstücke hervor. Von den kleinen schwarzen Kleidern der 1920er Jahren zu den wunderlich detailgeprägten Abendkleidern der 30er Jahre, formen diese einen verworrenen Gang, durch den man die frühe Schaffungszeit Gabrielle Chanels entdeckt. Eine der wenigen Designerinnen Ihrer Zeit, die ihre eigenen Designs trägt, entwirft Gabrielle vor allem für sich selbst. Mit ihren Entwürfen spricht sie sich gegen die zeitgenössische Mode der Nachkriegszeit (1ster Weltkrieg) aus, und ersetzt die üblichen überflüssigen Ornamente mit schlichten und flüssigen Designs. Ihre Kleider sind dem natürlichen Körper der Frau angepasst und sollen dieser vollkommenen Bewegungsfreiheit verleihen. Gabrielle begründet somit eine neue Art von Eleganz, ihre ganz eigene.

„Dank der schlichten Linien und der bedachten Details verkörpern Chanels Schaffungen immerzu Anmut, Jugend und Charme“ L’Art de la Mode, 5 September 1932.

Parfum N° 5, 1921 Glass, black cotton cord, black wax seal, printed paper.
Paris, Patrimoine de CHANEL © Julien T. Hamon.

Dieselben Prinzipien der neuen Eleganz begleiten Gabrielle ihr Leben lang, über die Kleidung hinaus in die Welt des Parfums, welche sie mit dem Parfum N°5 im Jahr 1921 über Nacht erobert. In der Ausstellung des Palais Galliera ist dem kleinen Fläschchen, welches das meistverkaufte Parfüm aller Zeiten behütet, ein ganzer Raum gewidmet. Aus den dunklen Sälen in denen nur die Beleuchtungen der Kleiderstücke für Licht sorgen führt uns die Ausstellung in diesen weißbestrichenen und grell beleuchteten Raum. Die Augen des Besuchers müssen sich erst anpassen, und so erscheint langsam, aber sicher das ikonische Parfüm inmitten des Raumes.

In Zusammenarbeit mit dem Parfümier Ernest Beaux entwirft sie dieses erste Kompositparfüm. Damals wurde in der Parfumherstellung der Duft üblicherweise aus einer einzelnen Blume gewonnen, Chanel N°5 aber ist ein komplexer Kompositduft aus über 30 Parfümrohstoffen. Bis hin zum Design des Behältnisses ist das Parfum revolutionär. Die ornamentlastigen Flaschen seiner zeitgenössischen Konkurrenten werden hier durch ein schlichtes, dennoch edles, Design ersetzt.

Schmuck kreiert Gabrielle zu dieser Zeit auch und so steht sie in den 1930er Jahren ganz oben auf dem Gipfel des französischen Modeolymps. Doch der Anfang des zweiten Weltkrieges führt zur Schließung des Haute-Couture Hauses. Nur der Parfum- und Schmuckladen bleibt während des Krieges offen.

Henry Clarke. Marie-Hélène Arnaud in a Chanel suit. Published in Vogue US, March 1, 1958. Paris Musées © Henry Clarke, Musée Galliera / Adagp, Paris 2020.

14 Jahre später, also im Jahre 1954, entschließt sich die nun 70 Jahre alte Gabrielle Chanel ihre Kleidungsmarke wieder ins Leben zu rufen. Wie auch schon zuvor lässt sie sich nicht von den zeitgenössischen Trends beindrucken. Ihr Kostüm (Tailleur) für Frauen verkörpert die Grundprinzipien des Hauses Chanel, „ein perfektes Gleichgewicht zwischen der Silhouette und ihrer Auffassung von Eleganz, welches das Schlichte und das Natürliche ineinander führt“. Noch heute prägt der „Tailleur“ Chanel die Modewelt und fungiert als ästhetische Grundlage für viele gegenwärtige Designer. So hat auch Gabrielle selbst über die Jahre ihren Tailleur weiterentwickelt. Entlang der, im Kreis verlaufenden, Gänge des Untergeschosses begleiten unzählige dieser Kostüme für Frauen die Besucher, mal mit Hose, mal mit Rock, mal mit Accessoires wir die berühmte 2.55 Tasche aus dem Jahre 1955. Gabrielle Chanel hat die Modewelt geprägt und das gleich zwei Mal in einem Jahrhundert.

Anne Sainte Marie in a Chanel suit. Published in Vogue UK, October 1955. Paris Musées © Henry Clarke, Musée Galliera / Adagp, Paris 2020.

Henry Clarke. Anouk Aimée dressed in Chanel. Published in Vogue Paris, September 1963. Paris Musées © Henry Clarke, Musée Galliera / Adagp, Paris 2020.

Richard Avedon. Gabrielle Chanel and Suzy Parker dressed by Chanel, Paris, January 1959. © The Richard Avedon Foundation.

William Klein. Dorothy and Little Bara dressed as a priest. Published in Vogue Paris, October 1960. © William Klein.

Cocktail dress Spring-Summer 1959. Black Dognin lace. Paris, Patrimoine de CHANEL. © Julien T. Hamon.

An prächtigen Schmuckstücken aus ihrer Kollektion vorbei gelangt man in den letzten Raum der Ausstellung. Wie das imposante Finale eines Opernstückes, werden hier die wohl beeindruckendsten Kleider Chanels ausgestellt, denn neben dem „Tailleur“, den sie ab 1954 ins Zentrum ihrer Schaffung stellt, wendet sich Chanel dem Schaffen von Kleidern zu. Letztere gelten noch heute als der Höhepunkt ihres Werkes.
Die großen Spiegel an beiden Enden des Saales lassen ihn endlos wirken. Hier findet man unter anderem auch die „Robe de cocktail Printemps-été 1959/Cocktail dress Spring-Summer 1959“, ein schwarzes Meisterstück, ein Spitzenkleid dessen Datierung einen nur Perplex machen kann. Überhaupt scheinen die Kleider in diesem Raum den modischen Vorstellungen des 21ten Jahrhunderts zu entsprechen. Die neue Eleganz, die Gabrielle Chanel am Anfang des 20ten Jahrhunderts entdeckt ist eben ewig neu, auch noch heute.

Gabrielle Chanel Manifeste de Mode – Palais Galliera – Mode Museum.
10, Avenue Pierre-Ier-de-Serbie – 75116 Paris – 01.10.2020 bis 14.03.2021.
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr – Abend Do&Fr bis 21 Uhr – Eintritt 14€.
facebook@PalaisGalliera – www.parismusees.paris.fr

 

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