Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wird am Donnerstag, den 24. Januar 2019, eine Entscheidung in dem Verfahren Demjanjuk gegen Deutschland (Beschwerde Nr. 24247/15) schriftlich verkünden.

Die Beschwerdeführer, Vera Demjanjuk und John Demjanjuk, sind zwei amerikanische Staatsbürger, die 1925 bzw. 1965 geboren wurden und in Ohio (USA) leben. Die erste Beschwerdeführerin ist die Witwe, der zweite Beschwerdeführer der Sohn des 2012 verstorbenen John Demjanjuk. Die vorliegende Beschwerde betrifft die Entscheidung der innerstaatlichen Gerichte, die notwendigen Auslagen des Beschuldigten nicht der Staatskasse aufzuerlegen, obwohl das Verfahren eingestellt wurde.

Im Mai 2011 verurteilte das Landgericht München II nach 91-tägiger Gerichtsverhandlung den Beschuldigten John Demjanjuk wegen 16-facher Beihilfe zum Mord an 28.060 Personen. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der Verstorbene sich als Wachmann im Vernichtungslager Sobibór in Polen an der systematischen Ermordung von mindestens 28.060 Menschen beteiligt hatte, die im Zeitraum zwischen März bis September 1943 in Konvois dorthin deportiert worden waren. Es verurteilte ihn daher zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren.

Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft legten beim Bundesgerichtshof Revision ein. John Demjanjuk starb am 17. März 2012; zu diesem Zeitpunkt war die Aktenvorlage beim Bundesgerichtshof noch nicht bewirkt worden.

Im April 2012 stellte das Landgericht das Strafverfahren wegen des Todes von Herrn Demjanjuk ein. In derselben Entscheidung sah es davon ab, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen.

Das Oberlandesgericht München verwarf im Oktober 2012 eine sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung mangels Beschwerdebefugnis als unzulässig und wies später eine Anhörungsrüge als unbegründet zurück. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde durch nicht weiter begründeten Beschluss vom 18. Dezember 2014 nicht zur Entscheidung an. Unter Berufung auf Artikel 6 Absatz 2 (Unschuldsvermutung) der europäischen Menschenrechtskonvention rügen die Beschwerdeführer, dass die Entscheidung des Landgerichts, die notwendigen Auslagen des verstorbenen John Demjanjuk trotz der Einstellung des gegen ihn geführten Strafverfahrens nicht der Staatskasse aufzuerlegen, die Unschuldsvermutung verletze. Unter Berufung auf Artikel 6 Abs. 1 (Recht auf Zugang zu einem Gericht) der europäischen Menschenrechtskonvention machen sie zudem geltend, dass ihr Recht auf Zugang zu einem Gericht durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts München, ihre sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung vom April 2012 mangels Beschwerdebefugnis als unzulässig zu verwerfen, verletzt worden sei.

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde von den Mitgliedstaaten des Europarates 1959 in Straßburg errichtet, um sich mit behaupteten Verletzungen der im Jahre 1950 verabschiedeten Europäischen Menschenrechtskonvention zu befassen.

 

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